Breitbandausbau Förderantrag, Sitzung 23.07.2019

Randbemerkung  zur GR-Sitzung am 23.7.19

aus Sicht der PRO-OX-Fraktion

 

Beratungspunkt: Breitbandausbau- möglicher Umfang eines Förderantrags

 

Beim Tagesordnungspunkt muss zunächst festgestellt werden, dass die Telekom bereits in vielen Bereichen der Stadt die Breitbandversorgung schon weit vorangetrieben hat und damit auch eine hohe Datenübertragungsgeschwindigkeit bereitstellen kann. Nur die letzten Teilstücke fehlen:

 

  • in den Kernbereichen steht für die meisten Haushalte diese ausreichende Datenübertraungs-

    geschwindigkeit zur Verfügung auch über Kupferkabel ( das beauftragte Fachbüro spricht

    abwertend von Kupferleitungen aus „Kaisers Zeiten“)

  • die langen Leitungslängen bis zum letzten Haus in der Fläche, weil dort nur wenige Nutzer

    immens hohe Kosten verursachen.

Und als privatisiertes Staatsunternehmen muss die Telekom auch hier vor der Verpflichtung zu hohen Investitionen die Wirtschaftlichkeit des Projekts prüfen.

 

In der Kernstadt Ochsenhausen und in den Kernbereichen der Teilorte wurden glasfasergebundene Multifunktionsgehäuse (graue Kasten) an den Straßenrändern aufgebaut. Überall stehen diese „Grauen Kasten“ der Telekom herum, auch beim Schulzentrum(ZOB) und im Gewerbegebiet Längenmoos.. Bis zu diesen Telekom-Verteilern ist die Breitbandversorgung mit einer Datengeschwindigkeit von bis zu 50 Mbit/s sichergestellt (Vectoring). Und mittels einfachem Kartentausch kann diese Übertragungsgeschwindigkeit noch um ein Mehrfaches erhöht werden (Supervectoring).

 

Da die Telekom aber ein „offenes Netz“ garantieren und damit alle anderen Anbieter - die sich im Bereich der Breitbandversorgung tummeln wie z. B. Vodafone oder O2 – dieses Telekomnetz auch mitnutzen lassen muss, zögert sie mit dem weiteren Breitbandausbau. Alle anderen Anbieter dagegen aber haben ein „geschlossenes Netz“ und die Telekom kann deren Netze nicht mitnutzen. Diese rechtliche Situation ist für den Laien schwer verständlich.

 

Würde die Telekom die ganzen Netze selbst ausbauen (wie früher als Monopolist Deutsche Bundespost), dann hätte die Telekom zwar die Netze, aber wäre nicht der alleinige Betreiber. Und nicht die Netze bringen Geld, sondern die Betreiber. Und deshalb ist es durchaus verständlich, wenn sich die Telekom mit dem weitere Breitbandausbau restriktiv bzw. zurückhaltend verhält.

An diesem Systemfehler zeigt sich beispielhaft die frühere Befürchtung der Privatisierung der Fernmeldedienste von Anfang der Neunzigerjahre, als die Privaten die Rosinen herauspickten und der Telekom als Rechtsnachfolger der Deutschen Post die unrentablen Restgeschäfte blieben. Ein wirklicher Fehler im System!

 

In diese „technische und organisatorische Schwäche“ eingreifend hat der Landkreis Biberach mit den Gemeinden beschlossen, ein eigenes Backbone-Netz aufzubauen und mit den Betreiber „Komm.Pakt.Net“ eine ausreichende Versorgungssicherheit mit mindestens 30 Mbit/s an jeder „Milchkanne“ zu gewährleisten. Kann die Telekom diese 30 Mbit/s aufgrund großer Leitungslängen nicht gewährleisten, dann können die Gemeinden als Auftraggeber diesen Breitband-Leitungsausbau selber in die Hand nehmen, Dafür gewähren der Bund und das Land bis zu 90 % Zuschuss der förderfähigen Kosten für noch unterversorgte Bereiche.

 

Dieser Zuschuss muss durch die Kommune beantragt werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, wollen bzw. brauchen die Bürger und Firmen diese schnellere Datenübertragungsgeschwindigkeit, die natürlich auch mehr kostet.

 

In der vergangenen GR-Sitzung hat nun Herr Burger von der Fa. GEO-DATA - die im Auftrag des Landkreises und der Gemeinden diesen Breitbandausbau koordiniert und auch die Zuschussanträge bearbeitet - die einzelnen Förderbereiche und auch die Versorgungsbereiche im Stadtgebiet vorgestellt. Demnach gibt es für den gesamten Stadtbereich angeblich „nur“ noch eine Förderung/Bezuschussung für Mittelbuchs Einöden, für das Gewerbegebiet „Längenmoos“ und für die Schulen im Stadtgebiet. Für alle anderen Bereiche gibt es keine Fördermittel mehr, weil hier schon durch den früheren Telekomausbau ein ausreichendes Datenvolumen zur Verfügung steht und diese Bereiche damit auch nicht als unterversorgt gelten.

 

Ganz überzeugend waren hierzu die Ausführungen von Herrn Burger nicht. Bei Baukosten von rd. 5,2 Mio Euro für die drei genannten Teilbereiche bleibt trotz der hohen Förderung immer noch ein Restbetrag von rd. 574 000 Euro bei der Stadt hängen. Auch konnte noch keine genaue Marktanalyse vorgelegt werden; was aber die Voraussetzung für die Bezuschussung ist.

 

Keine Aussage erfolgte vom Vortragenden zum Bereitstellungszeitpunkt des Backbone-Netzes, was aber auch eine wesentliche Entscheidungsgrundlage darstellt. Keine Auskunft gab es zu den einmaligen und laufenden Endnutzerkosten (lediglich von Pachterlösen wurde gesprochen), denn auch dies wird ein entscheidender Punkt für die Bereitschaft zur Anschließung sein.

 

Beschlossen wurde deshalb von Gemeinderat zunächst nur die Neuausrichtung der Versorgungsbereiche beim Gewerbegebiet Längenmoos“ und der Schulen in Ochsenhausen. Diese Versorgung über das Backbone-Netz des Landkreises verursacht Kosten von rd. 994 000 Euro und dabei verbleibt dann ein Restbetrag für die Stadt in Höhe von ca. 111 000 Euro.

Für den weiteren Ausbau dieses Netzes in Mittelbuch wurde zuerst die Anfertigung einer Marktanalyse in Auftrag gegeben. Dann wird man sehen, ob dieser Aufwand der Stadt überhaupt gerechtfertigt ist, denn:

 

Es muss in diesem Zusammenhang auch einkalkuliert werden, das sich die Technik in diesem Breitbandbereich rasant verändert und wer kann heute voraussagen, ob nicht in ganz kurzer Zeit z.B. über das neue G5- Funk-Netz das Breitbandnetz (Glasfasertechnik) schon wieder überholt sein wird. Dann wäre das flache Land bzw. der ländliche Raum trotz Verzicht auf die Versorgung mittels Glasfaserkabel bestens zumindest ausreichend versorgt.

 

Stochern im Dunkel:

Und wie so oft in der Vergangenheit festzustellen ist, haben die beauftragten Fachbüros ihre Hausaufgaben nicht vollständig erfüllt. Dies wiederum führt dann zu abweichenden Kosten zwischen der Auftragsvergabe und der Fertigstellung einer Maßnahme; ein mehr als leidiges Thema, mit dem sich die beauftragenden Kommunen immer mehr auseinander setzen müssen und dann am Schluss doch das Nachsehen haben. Kostenüberschreitungen ohne Ende sind dann die Folgen!

Von den GR-Mitgliedern wurden deshalb verschiedene Fragen gestellt; z.B.:

  • können die Kosten reduziert werden, wenn die Glasfaserkabel nicht im offenen Graben, sondern

    eingepflügt werden können wie bei der Abwasserentsorgung in der Mittelbucher Raumschaft?

  • wieviel Datenübertragungsgeschwindigkeit muss beim Nutzer mindestens ankommen?

  • wieviel Einödhöfe um Mittelbuch wollen überhaupt einen Glasfaser- / Breitbandanschluss?

 

Nach einer nachträglichen Rücksprache des Berichtsverfassers mit der Telekom sind z. B. im gesamten Gewerbegebiet „Längenmoos“ bereits Leerrohre verlegt. Aber ein offenes Netz von der Telekom setzt nicht nur das Leerrohrnetz, sondern auch die Glasfaserkabelverlegung voraus. Das aber wiederum ermöglicht wie schon vorher beschrieben dann das Einklinken der anderen Anbieter, wenn die Telekom dieses Breitbandnetz im Gewerbegebiet aufbauen würde.

Völlig absurd wäre in diesem Zusammenhang aber, wenn im Gewerbegebiet ein der Telekom gehörendes Leerrohrnetz bereits vorhanden ist und weil man sich aber innerhalb der Anbieter nicht verständigen kann, ein neues Netz durch die „Komm.Pakt.Net„ mit immens hohem Kostenaufwand aufgebaut werden müsste.

 

 

Fundierte Entscheidungen des Gemeinderats setzen aber auch fundierte Grundlagenermittlung voraus. Diese waren aber leider durch Herrn Burger von der GEO-DATA nicht ausreichend vorgelegt worden.

Und deshalb konnte vom Gemeinderat auch kein flammendes Plädoyer für den gesamten Breitbandausbau erfolgen, wie es aufgrund der hohen Bezuschussung eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Dazu fehlten aber einfach die entsprechende Grundlagenermittlung und auch weitere Hintergrundinformationen.

 

Hintergrundinformationen zu Datenübertragungsgeschwindigkeit, Vectoring & Supervectoring, Grauen Multifunkionsgehäusen etc.

https://youtu.be/UI4FqOpbsH8 Graue Kästen am Straßenrand

https://youtu.be/-O2bqfnw--E  Von Vectoring zum schnelleren Supervectoring

https://youtu.be/Zrm_wfI94aY Anbindung mit Richtfunk vor 5 Jahren